Vor hundert Jahren: Mehr Pferdestärken und weniger Pferdeäpfel

Viele Jahre lang sind die Sendlinger Floriansjünger mit Karren und Wägen ausgerückt, die von Pferden, teils gar von Menschenhand gezogen werden mussten. Vor hundert Jahren begann bei der Sendlinger Feuerwehr wie bei der gesamten FF München das Zeitalter der Motorisierung. Das war damals nicht unumstritten.

Mit einem Fahrzeug zum Löschen eines Brandes zu fahren, welches als Treibstoff einen Brandbeschleuniger in Form von Benzin benötigt, das war für einige Zeitgenossen damals nicht ganz geheuer – auch in Kreisen der Feuerwehr.

Aber die Vorteile lagen auf der Hand: Nicht nur das Fahrzeug konnte mit dem Verbrennungsmotor angetrieben werden, sondern auch Aggregate wie zum Beispiel die Löschwasserpumpe. Dadurch entfiel das Pumpen von Hand oder das Aufheizen des Druckkessels bei einer dampfbetriebenen Pumpe.

Apropos Dampfspritze: Mehr als 40 Jahre davor war München bereits Vorreiter der Modernisierung. Schon 1872, also sieben Jahre vor Gründung der Berufsfeuerwehr München, fuhr bei der Freiwilligen Feuerwehr München die erste Dampfspritze Bayerns im Feuerwehr-Einsatzdienst.

Neben den vielfältigen Möglichkeiten von Verbrennungsmotoren geschah der Umstieg auf Kraftfahrzeuge bei der Feuerwehr München auch aus einem weiteren Grund: Der Unterhalt war wesentlich günstiger als der für Pferde. Die Huftiere benötigten Fourage, also Pferdefutter wie Hafer, Heu und Stroh und mussten zudem regelmäßig mit Wasser versorgt und betreut werden, auch wenn kein Feuerwehreinsatz war.

Die revolutionär neue Technik hielt also auch bei der Sendlinger Feuerwehr Einzug. Das in Sendling eingesetzte, rechtsgelenkte Fahrzeug hatte etwa 30 PS. Wesentlich höhere Geschwindigkeiten als mit einem Pferdefuhrwerk konnte man damit allerdings auch nicht fahren. Der Zustand der Straßen und die Fahrgestelle der Autos erlaubten kaum mehr als 25 km/h.

Die Ausstattung der Saurer-Kraftfahrspritze war für damalige Verhältnisse sehr fortschrittlich: Zur Ausrüstung gehörten neben dem Leiterpark eine Kraftspritze mit 600 l/min Förderleistung, zwei Schlauchhaspeln, Löschwasserarmaturen und ein Kleinlöschgerät. Neben dem Arbeitsstellenscheinwerfer war die Sondersignalanlage in Form einer Glocke angebracht.

Ebenfalls vor hundert Jahren entstand aus der 6. Kompanie (vormals FF Sendling) sowie aus der 8. und der 12. Kompanie (Schlachthofviertel und Thalkirchen) die Abteilung 1 der Freiwilligen Feuerwehr München.

Das aktuelle Hilfeleistungslöschfahrzeug in Sendling, das HLF 20/16 München, hat übrigens eine Leistung von 210 kW, also 286 „Pferde unter der Haube“. Dieser Fahrzeugtyp wird in München sowohl bei der Berufsfeuerwehr als auch bei der Freiwilligen Feuerwehr eingesetzt