1878 wurde die erste elektrische Bogenlampe für den Münchner Zentralbahnhof fertiggestellt, der dadurch später als erster Bahnhof Deutschlands elektrisch beleuchtet war. Durch die schrittweise Abschaffung von Gaslampen zur Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden wurde die Brandgefahr deutlich reduziert.
Brände in und außerhalb Sendlings beschäftigten die Feuerwehr Sendling an mehreren Tagen im Jahr 1878, wie der Brand der Teerfabrik und des Pschorrbräukellers.
Einträge des Jahres 1878:
Im Tagebuch liest sich der Bericht wie bei vielen anderen Brandeinsätzen auch. Im Nachgang ist in diesem Fall allerdings eine Auseinandersetzung überliefert, die über die Presse geführt wurde.
Originalauszug aus dem Tagebuch:
Mittags 11 Uhr Brand in der Dreimühlenstraße No 7 in der
Theerfabrik des Herrn Eckart.
Die 6. Compagnie war die erste am Brandplatz und nahm Stellung
auf der Westseite des Brandplatzes.
Gegen 1 Uhr wurden einige Compagnien, worunter auch die
6. Compagnie ihres Dienstes entledigt, da das Feuer so ziemlich
gelöscht war.
Bei diesem Brande betheiligten sich 40 Mitglieder, worunter
5 Chargirte, 1 Signalist, 7 Steiger & 24 Spritzenmänner, sowie
3 Sanitätsmänner
Der nachfolgende Text gibt den original Presseartikel wieder, der kurz nach dem Brandereignis im Freien Landesboten veröffentlicht wurde. In ihm eine genauere Bescheibung des Ablaufs, aber auch Vorwürfe gegenüber der Feuerwehr.
Gestern Vormittags kurz nach 11 Uhr erschollen vom
Frauen- und St. Petersthurme mit großer Heftigkeit die
nichts weniger als articulirten Töne der Feuerhörner und
im gleichraschen Tempo klangen dazwischen unausgesetzt die
Glockenschläge. Der elektrische Draht, welcher zwischen den
Thürmen und allen Behörden und Feuerhäusern die Ver-
ständigung vermittelt, meldete: „Sehr starker Brand
im Bruderhof!“ Im Süden der Stadt, nahe der
Burgfriedensgrenze, stieg thurmhoch eine mächtige Rauch-
säule kohlschwarz in qualmenden Wolken gegen den Him-
mel. Der Herd der gefahrdrohenden Flamme war die che-
mische Fabrik des Gemeindebevollmächtigten Herrn Friedrich
Eckard an der Dreimühlenstraße Nr. 7. An eine
Rettung des Etablissements war bei der reichlichen
Nahrung, welche die Flammen in dem massenhaft
gelagerten Theer, Oel etc. fanden, nicht mehr
zu denken. Die Fabrik brannte bis auf den Grund im
Zeitraume von 1½ Stunden nieder und aus dem rauchen-
den Trümmerhaufen ragt jetzt bloß mehr das steinerne
Kesselhaus mit dem hohen Eisenschlote empor. An Feuer-
wehr war die 6. Compagnie (Sendling) am ersten am
Platze. Der übrigen Mannschaft wollte das Eingreifen
nicht so ganz mit jener Präcision gelingen, welche sonst
stets zu rühmen ist. So fand sich, wie man uns an Ort
und Stelle mittheilte, das Ventil einer Spritze durch einen
Stein verstopft; auch soll die Dampfspritze nicht rasch ge-
nug in Function zu setzen gewesen sein. Die Gefährlichkeit
des mit rapider Schnelligkeit um sich greifenden Feuers
machte nothwendig, daß man in der Umgebung alle Holz-
Umzäunungen u. dgl. umriß und die benachbarten Wohn-
ungen eilig räumte. Einige Vorräthe an Theer u. dgl.
konnten den Flammen entrückt werden. Am Orte des
Brandes, dessen Entstehungsursache uns nicht bekannt wurde,
war der k. Pol.-Präs. Frhr. v. Feilitsch, die beiden Herren
Bürgermeister, verschiedene Räthe des Magistrates, sowie
ein massenhaftes Publikum erschienen, welches den schlechten,
fast stundeweiten Weg nicht scheute, um den gewaltigen
Brand in möglichster Nähe zu sehen. Alle Anerkennung
verdient das rasche Erscheinen und die fleißige Thätigkeit
der städtischen Lagerhausarbeiter, welche über den schlechten
Boden eine große Spritze zogen. Die Entstehungsursache
ist in der Überheizung des Theer-Kessels zu suchen.
Das konnte „ein alter Praktiker“ so nicht stehen lassen und hat fünf Tage später, am 22. März 1878 mit einen Leserbrief geantwortet. Die Forderung darin nach einer ständig besetzten Wache wurde ein Jahr später mit Gründung der Berufsfeuerwehr am 1. Juli 1879 erfüllt.
Herr Redacteur!
In Bezug auf das Referat des „Freien Landesboten“ habe
ich Folgendes zu erwiedern: ad 1. Das Ventil der An-
griffs-Spritze war deshalb durch einen Stein verstopft,
weil im ersten Augenblicke Unberufene (keine Feuerwehr-
Männer) sich geschäftig machten, die Saugschläuche ohne
Saugkopf (oder Sächer) in’s Wasser legten und auf diese
Weise Steine in’s Werk gelangten. Daran ist also nicht
die Feuerwehr schuld, sondern der Magistrat, der die
Mittel für eine ständige Tag- und Nacht-Wache verweigert
hat. Solche Sachen können vorkommen, wenn vom Haupt-
feuerhause nicht gleich mit den Geräthen die dazu gehörige
Bedienung abgeht. Die freiwillige Feuerwehr kann natur-
gemäß nicht gleich parat sein. Man ist Geschäftsmann,
Arbeiter ec. und in der ganzen Stadt zerstreut, thut ohne-
hin immer sein Möglichstes, aber hinfliegen zum Brand-
platze kann man nicht. Die Dampfspritze arbeitete deshalb
nicht, weil in einem Zylinder gleich 5 Ventile brachen;
dafür kann Niemand verantwortlich gemacht werden. Dies
lag außer aller menschenmöglicher Berechnung. Alle Mängel
an Präcision sind auf diese Unfälle zurückzuführen und hat
ein Laie hiefür kaum das richtige Verständniß!
ad 2. Holzplanken wurden nur deswegen eingerissen,
um dem Feuerherd näher zu kommen. Wohnungsräume
waren nicht in Gefahr.
ad 3. Was nützte das rasche Erscheinen der benachbar-
ten Lagerhaus-Arbeiter mit einer alten verrosteten Spritze,
die auch nicht in Gang gesetzt werden konnte? Ist da auch
etwa die freiwillige Feuerwehr daran schuld?
Im Uebrigen sei nur gesagt, daß auch ohne alles Löschen
das Feuer gar geworden wäre, ohne weiteren Schaden, als
den ursprünglichen zu verursachen. Es war windstill und
für die Nachbarschaft keine Gefahr. Schade ist es, daß
wegen einer solchen Brennerei so oder so viel hundert Meter
Schläuche naß und kothig wurden!
Zum Schlusse muß man, bevor man die Feuerwehr kriti-
sirt, doch eher an die Frage denken, wie hat ein so feuer-
gefährliches Etablissement so nahe an andere Gebäulichkeiten
placirt werden dürfen? Die ganze Umgegend wird in keine
Feuerversicherung aufgenommen, weil diese Pechfabrik in der
Nähe ist, und sind die Nachbarn jetzt froh, von diesem Alp
befreit zu sein! Ein alter Praktiker.