1889

In diesem Jahr fand erstmals das deutsche Turnfest in München statt. Für die Menschen damals ein Großereignis und mit Beteiligung der Feuerwehr Sendling. Anno 1889 sind im Tagebuch sieben Brände dokumentiert, davon mehrere Großfeuer, bei deren Bekämpfung die Feuerwehr Sendling beteiligt war.

Das Jahr 1889 war zugleich das letzte Jahr, in dem Ereignisse der Sendlinger Feuerwehr im historischen Tagebuch dokumentiert wurden. Am 31. Dezember 1889 endet das Tagebuch mit dem 443. Eintrag.

Einträge des Jahres 1889:

02.01.1889: Großbrand der Gummiwarenfabrik Metzeler

Am Mittwoch, dem 2. Januar 1889 kam es in der Westendstraße 131 auf dem Gelände des Königlich Bayerischen Hoffabrikanten für Gummi- und Guttaperchawaren, der Firma Metzeler zu einem großen Brand. Großfeuer gab es dort erneut in den Jahren 1935 und 1953.

Das Feuer entstand vermutlich durch Selbstentzündung von Kohlenstoffdisulfid CS2, das zum Vulkanisieren von Gummi benötigt wurde. Das Feuer breitete sich schnell aus und musste als ausgedehnter Dachstuhlbrand von Weitem zu sehen gewesen sein.

Die Feuerwehr Sendling war mit 20 Kameraden an der Brandbekämpfung beteiligt. Neben weiteren Kompanien der Freiwilligen Feuerwehr München und der Berufsfeuerwehr war auch die Feuerwehr der nahegelegenen Königlich Bayerischen Staatsbahn-Zentralwerkstätte beteiligt.

Originalauszug aus dem Tagebuch:

Brand: Nachmittags 3 ½ Uhr entstand in der großen Metzlerschen Gummi-
waarenfabrik Westendstraße N. 131 durch Selbstentzündung von schwefel-
Kohlenstoff im Kellerraume Feuer, welches sich durch einen bis in den Dachraum
reichenden hölzernen Trockenschacht in einigen Minuten über dem gan-
zen circa 70 Meter langen Dachstuhl verbreitete. Acht Minuten nach Aus-
bruch des Feuers im Keller hatte sich dasselbe in ein hartneckiges Groß-
feuer verwandelt, welches Theil weise auch noch das 2te Stockwerk durch-
brannte. Die 6te Compagnie, welche am linken Flügel des Gebäudes die
tragbare Schubleiter aufgestellt hatte, benützte Hydrant Nr. 1312 und
arbeitet mit 2 Hydrantenstrahlen. Außerdem waren noch anwe-
send und in Thätigkeit die ständige Wache, die 1te und 2te Compagnie, die Feuer-
wehr der königlichen Centralwerkstätten und die freiwillige Feuerwehr von
Neuhausen. Im Ganzen waren 6 Schubleitern aufgestellt von welchen
aus sich 8 Hydranten- und 4 Spritzenstrahlen auf das Brandobjekt ergossen.
Anwesend waren von der 6ten Compagnie 20 Mann: 1 Adjutant, 2 Zug-
führer, 5 Steiger, 8 Spritzenmänner, 2 Sanitätsmänner, 2 Signalisten.
Abends 9 Uhr rückte die Compagnie wieder im Feuerhause ein.

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06.02.1889: Brandeinsatz bei winterlichen Straßenverhältnissen

Am späten Abend des 6. Februar ging es mit 25 Mann in Richtung der Wolfratshauser Straße zu einem Großbrand, der vermutlich durch Brandstiftung entstanden war. Im tiefsten Winter, wie geschrieben steht.

Originalauszug aus dem Tagebuch:

Brand. Nachts 11 Uhr gingen die Stallungen im Gasthause zur
Grafeneiche bei Thalkirchen in Flamen auf. Die 6te Compagnie hatte
in dieser äußerst kalten Winternacht eine schreckliche Fahrt mit
den Geräthen durch mannshohe Schneewehen und heftiges Schneege-
stöber zu bestehen. Der Brand, welcher vermuthlich durch Brand-
stiftung entstanden war, konnte erst Morgens 4 Uhr als
bewältigt betrachtet werden, da durch den heftigen Wind
die Flammen die ganze Nacht hindurch immer wieder angefacht wurden.
Anwesend waren 1 Compagnieführer, 1 Adjutant, 2 Zugführer, 2 Sektions-
führer, 6 Steiger, 8 Spritzenmänner, 3 Sanitätsmanner und 2 Signalisten,
zusammen 25 Mann.

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29.07.1889: Feuerwehr Sendling bildet Spalier beim 7. Deutschen Turnfest

Vom 27. bis 31. Juli 1889 fand auf der Münchner Theresienwiese das 7. Deutsche Turnfest statt. Es war das größte Sportereignis der damaligen Zeit und wurde erstmals in München ausgetragen — sieben Jahre vor Beginn der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit.

Bei dem Sportfest nahmen etwa 19.000 Sportler teil. Im Vergleich dazu: München hatte damals gerade mal 350.000 Einwohner. Die Sendlinger Kameraden bildeten beim Festzug Spalier und begaben sich später auf die Festweise.

Originalauszug aus dem Tagebuch:

VII. deutsches Turnfest: Bei dem Festzug des ebenso großartigen
als gelungen durchgeführten 7. deutschen Turnfestes bildete die 6.
Compagnie in der Stärke von 39 Mann Morgens 8 Uhr in der
Maximiliansstraße Spalier u. begab sich nach Beendigung des
Dienstes auf den Festplatz, wo in mitten der deutschen Turner
einige Stunden in gemüthlicher Stimmung verbracht wurden.

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06.10.1889: Stadtweite Einsatzübung an der Mariahilfkirche

Am Sonntag, dem 6. Oktober 1889 stand eine große Feuerlöschübung der Münchner Feuerwehr auf dem Programm, an der sich auch die damalige 6. Kompanie, heute Feuerwehr Sendling, beteiligte. Angenommen wurde ein Dachstuhlbrand an der Mariahilfkirche in der Au.

Nach der Übung traf man sich im Vereinslokal zu einer Versammlung. Dort schlug der Kamerad Weinhart Verbesserungen bei der technischen Ausrüstung vor – jener Hermann Weinhart, der damals durch innovative Neuerungen in der Feuerwehrtechnik eine große Bekanntheit bei vielen Feuerwehren erlangte. Hermann Weinhart wurde sechs Jahre nach diesem Tagebucheintrag für 17 Jahre Wehrführer in Sendling.

Originalauszug aus dem Tagebuch:

Haupt-Übung: Morgens 7 Uhr fand auf dem Mariahilfplatz in
der Au die vorzüglich durchgeführte Hauptübung der Gesammtfeuerwehr
Münchens statt. Angenommen war, daß durch Blitzschläge gleichzeitig
ein Brand im östlichen Theile des Kirchendaches der Mariahilfkirche sowohl,
als im Dache des nahe liegenden Klosters der armen Schulschwestern
Mariahilfplatz N. 13 – 16 entstanden war. Kurz nach 7 Uhr wurde
vom Thurme aus durch Läuten der Paulanerglocke das Zeichen zum
Beginn der Übung gegeben, worauf sämmtliche 6 technische Compag-
nien, sowie der Dampfspritzenzug u. die ständige Wache, welche in
den umliegenden Straßen postirt waren, zum Angriffe ange-
fahren kamen. Während die ständige Wache, die I., II. u. V.
Compagnie mit ihren großen Schubleitern das Dach der Kirche
bestiegen u. bespritzten, unternahm das gleiche mit den tragbaren
kleineren Schubleitern je eine Abtheilung der II. u. V. Compagnie
an dem Klostergebäude. Der III. Compagnie fiel die Aufgabe zu,
den Kirchthurm bis zur obersten Gallerie im inneren zu besteigen,
u. von da aus Wasser auf das Dach der Kirche zu geben, wäh-
rend die IV. & VI. Compagnie das königliche Landgerichtsgebäude
vor Flugfeuer zu schützen hatten. Nach Schluß der Übung fand
ein Vorbeimarsch vor dem Oberkomandanten an der Lilienstraße
statt. Von der 6. Compagnie, welche Morgens 9 Uhr wieder
in ihrem Feuerhause einrückte, waren 51 Mann anwesend.
Compagnieführer u. Adjutant, 2 Zugführer, 5 Sektionsführer, 1
Zeugmeister, 18 Steiger, 19 Spritzenmänner, 2 Sanitätsmänner u.
2 Signalisten. Anschließend an die Hauptübung wurde im Ver-
einslokale Compagnieversammlung abgehalten. Herr Compagnie-
führer Ostler, welcher dieselbe mit einem dreifach „Gut Heil!“ auf
die 6. Compagnie eröffnete, dankte den Mitgliedern in warmen Wor-
ten für die bewiesenen vortrefflichen Leistungen bei der heurigen
Hauptübung u. forderte dieselben auf, auch fürderhin in der gleichen
Eintracht zum Wohle der Compagnie fortzufahren. Seitens des
hohen Corpskomando lag eine Zuschrift vor, den Etat für Verbesserung
im Feuerlöschwesen pro 1889 betreffend. Herr Feuerwehrkamerad Hermann
Weinhart stellte den Antrag, daß bei der 6. Compagnie folgende Ver-
besserungen äußerst nothwendig erscheinen u. zwar solle die Compagnie
I. zum Nachtransport der etwas später eintreffenden Mannschaft bei
einer Allarmirung ein Mannschaftstransportwagen erhalten, da es
bei unserm ungünstigen Terainverhältnisse doch ganz unmöglich
ist, erst bis zum Feuerhause u. von diesem weg auch noch auf den
Brandplatz zu laufen, was die Erkrankung der Mitglieder unbe-
dingt zur Folge haben muß. II. Es sei an den hohen Verwalthungs-
rath das Ersuchen zu stellen, man möge unsere Wagenspritze mit
Federn versehen, dagegen die Abprotzspritze ganz einziehen. Beide
Anträge des Mitgliedes Weinhart wurden von der Compagnie
einstimmig angenommen. Vormittags 11 Uhr schloß Herr Compagnie-
führer Ostler die Compagnieversammlung.

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