1880

Das Jahr 1880 begann in München so wie das vorherige endete: sehr kalt. Von Mitte November 1879 bis Anfang März 1880 hatte der Winter München und das ganze Land fest im Griff, sodass im Februar sogar der Bodensee komplett zufror.

Die Feuerwehr Sendling hatte sieben Bränden zu löschen, die im Tagebuch dokumentiert sind.

Einträge des Jahres 1880:

04.03.1880: Kaminbrand und Strafgelder

Rauhe Sitten damals bei der Feuerwehr Sendling: Wer einmal bei einer Übung unentschuldigt fehlte, musste bis zu einer halben Reichsmark Strafe bezahlen. Beim zweiten Mal verdoppelte sich die Strafe. Fehlte jemand drei Mal unentschuldigt, dann folgten disziplinarische Sanktionen. Immerhin mussten dispensierte Mitglieder, also vom Dienst freigestellte Kameraden, die Strafe nicht bezahlen.

Früh 6¼ Uhr Kaminbrand Forstenriederstraße No 25 bei
Silberhorn.
Da dieser Brand durch die Bewohner des betreffenden Gebäudes
und der Nachbarschaft selbst unterdrückt wurde, wurde mit
Ausnahme der telegraphischen & einiger persönlicher Allarmirungen
von einem allgemeinen Allarm abgesehen, und kamen daher
die Feuerlöschrequisiten nicht in Anwendung.

Abends 8 Uhr Compagnieversammlung im Caffe Hierl.
Tagesordnung: Vereinsangelegenheiten:
Anwesend sind 24 Mitglieder und zwar die Herren:
Woelfle Eduard,     Hochmaier Thomas,
Westermaier Johann, Kafler Simon,
Gerg Rudolf,        Linsmaier Martin,
Ziegler Josef,      Lerchl Markus,
Werner Josef,       Mayer Nikolaus,
Obermaier Josef,    Mayer Max,
Amesreiter Andreas, Stemmer Alois,
Bobleter Josef,     Schiedrich Josef,
Eberl Peter,        Silberhorn Josef,
Elfinger Josef,     Schmidt Georg,
Grimmeis Ignaz      Wiesselsperger Georg,
Hochmaier Anton,    Wallbrunn Georg.
Entschuldigt sind die Herren Mann Johann & Joachim Max.
Nach Beschluß der Chargenversammlung vom 26. Februar 80
wurden die vom Compagnieführer entworfenen Bestimmungen,
welche im Nachstehenden folgen, der Versammlung zur Begut-
achtung & eventuellen Genehmigung vorgelesen.
Folgt der
Entwurf
zu den Bestimmungen über das Nichterscheinen bei Übungen und
Versammlungen
§.1.
Der Zweck dieser Bestimmungen ist, die Mitglieder der 6. Com-
pagnie anzueifern, daß sie bei Übungen, Compagnie- und
Generalversammlungen so zahlreich als nur immer möglich
erscheinen und unter sich ein engeres regeres Leben verbinden.
§.2.
Diese Bestimmungen gelten für die 6. Compagnie an rein
private.
§.3
Unter Beachtung sämmtlicher §.§. der Satzungen, Geschäftsordnung
und Dienstesvorschriften der freiwilligen Feuerwehr werden
Strafen über diejenigen Mitglieder der 6. Compagnie verhängt,
welche Übungen, Compagnie- und Generalversammlungen unent-
schuldigt versäumen, d. h. ohne genügenden Entschuldigungs-
grund von diesen fernbleiben.
§.4.
Jede Entschuldigung muß, wenn diese nicht schon durch Krankheit
oder etwa schnell eintretenden Vorkommnissen constatirt,
mündlich oder schriftlich einem Chargirten der Compagnie an-
gezeigt werden, welcher bei Abgabe des Rapportes die Entschul-
digung zu melden hat.
Vorgebrachte Entschuldigungen von Nichtchargirten bleiben unbe-
rücksichtigt und hat der bei der Uebung oder Versammlung
nicht Erscheinende seine Strafe zu tragen.
Ausnahmefälle gelten in der Weise & sind nur dann statthaft,
wenn der Grund der Entschuldigung genau auf dem Zirku-
lar angegeben, d. h. niedergeschrieben ist.
§.5.
Von der Übung dispensirte Mitglieder oder solche, welche bei
stattfindender Uebung oder Versammlung abwesend, d. h.
vereist sind, trifft keine Strafe; jedoch haben erstere bei den
Versammlungen zu erscheinen, widrigenfalls über sie die
Strafe verhängt wird.
§.6.
Die Strafen, welche in Geld bestehen und zum Besten der Com-
pagnie in deren Sinne fließen, scheiden sich wie folgend, aus:
Bei dem erstmaligen unentschuldigten Nichterscheinen
bei Uebungen & Veranstaltungen, treffen:
1.) Auf den Compagnieführer eine Strafe von                      Rm. 0.50
2.)  “   “   Adjutanten eine Strafe von                           “  0.45
3.)  “ jeden Zeugmeister und jeden Zugführer     eine Strafe von  “  0.40
4.)  “   “   Rottenführer und Signalisten        eine Strafe von  “  0.30
5.)  “   “   Steiger, Spritzenmann & Sanitätsmann  “    “     “   “  0.15
Beim zweitmaligen unentschuldigten Nichterscheinen steigen
die Strafen auf den doppelten Betrag und kommen beim dritt-
maligen Nichterscheinen bei Uebungen die dießbezüglichen §.§. der
Dienstesvorschriften in Anwendung.
§.7.
Die im vorgenannten §.6. verzeichneten Geldstrafen
werden dem Vereinsdiener zum Incasso übertragen, von
diesem dem Compagnieführer zur Controle übergeben, welcher
die controlirten Beträge dem Cassier zur Verbuchung überweist.
§.8.
Diese vereinnahmten Beträge gelten lediglich als private der
Compagnie und können nur je nach Maßgabe der Compagnie-
mitglieder und deren Antrag verwendet werden; dienst-
liche Compagniebedürfnisse dürfen von diesen Beträgen nicht
bestritten eventuell dießbezügliche Ausgaben nicht gemacht
werden.
§.9.
Die vorstehenden Bestimmungen treten mit dem heutigen
Tage in Kraft.
    Sendling den 4. März 1880

Nach genauer Erwägung und Berathung über Annahme
oder Nichtannahme genannter Bestimmungen wurde zur
Abstimmung aufgerufen und war das Resultat, daß
22 Mitglieder dafür und 1 Mitglied dagegen stimmten.
1 weiteres Mitglied war inzwischen abgängig.
Diese Bestimmungen werden mit dem nächsten Circular
an die heute abwesenden Mitglieder zur Kenntnisnahme
zirkulieren.
Als neuzutretendes Mitglied wurde von Herrn Ziegler Jos.
Herr Theodor Köstner vorgeschlagen.
Nachdem weitere Anträge nicht gestellt wurden, schloß der
Compagnieführer die Versammlung um 10 Uhr.

Nach oben